Hadu wachte auf, weil es Zeit war. Nur ein schwaches Schimmern von der zentralen Feuerstätte durchdrang die pechschwarze Finsternis der frühen Stunde. Hadu setzte sich seufzend auf, streckte sich vorsichtig und tastete nach seinem Stock, der am Boden neben seinem Bett lag. Es roch leicht nach Rauch, frischem Heu und nach Ziege. Seit drei Tagen schliefen die Ziegen wieder in seinem Haus, um sie vor dem Frost zu schützen. Aber sie wärmten auch sein Heim, und darüber war Hadu sehr dankbar, denn seine Knochen waren nach 49 Lebensjahren an der Ostsee empfindlicher gegen Kälte geworden.

Hadu schob sein kostbares Bärenfell zur Seite und nahm die Hirschfelljacke, die an einem Holzpflock neben seinem Bett hing, und zog sie über seinen vernarbten, weißhaarigen Oberkörper. Er stand langsam auf, ging zur Feuerstelle, legte vorsichtig Holz nach und entfachte das Feuer neu. Nachdem es zu seiner Zufriedenheit brannte, ging er aus seiner strohbedeckten Hütte und erleichterte sich am Misthaufen. Noch herrschte Totenstille im Dorf, nur das gelegentliche Meckern einer Ziege und das Blöken eines Schafes waren zu hören.

„Es ist Zeit“, dachte Hadu und ging, auf seinen Stock gestützt, zu dem Holzpfahl, der in der Mitte des Dorfes stand.

Er begann rhythmisch, im Takt des Morgenliedes, auf den Pfahl zu schlagen. Nach drei Takten hob er an zu singen – mit seiner kratzigen, tiefen Stimme – und bat die Göttin des Waldes um ihren Segen für ihr heutiges Unterfangen. Kaum war das Lied vorbei, sah er schon, wie Lichtschein aus den anderen Häusern drang und die Menschen zu ihrem Tagwerk erwachten.

Die vollständige Geschichte erscheint in einem geplanten Band mit Miniaturen und Kurzprosa.

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